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Die Ethik des Leibes

Eine ganzheitliche Betrachtung des menschlichen Körpers

Der menschliche Körper ist mehr als nur eine physische Hülle. Er ist der Träger unserer Existenz, ein Ort, an dem wir leben, lieben, leiden und letztendlich sterben. Barbara Maier, Vorständin der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe der Klinik Ottakring in Wien, bringt es treffend auf den Punkt: “Wir Menschen leben in der Erfahrung, unseren Körper zu haben und unser Körper zu sein.” Diese Erfahrung ist zentral für unser Menschsein und prägt unser Leben in vielfältiger Weise.

Doch die Wahrnehmung unseres Körpers ist keineswegs neutral. Gesellschaftliche Normen und kulturelle Prägungen beeinflussen maßgeblich, wie wir unseren Körper erleben und bewerten. Oftmals führen diese Normen zu einem verzerrten Bild und zu schädlichen Verhaltensweisen. Eine Ethik des Leibes setzt sich daher kritisch mit diesen gesellschaftlichen Konstruktionen auseinander und strebt nach einer ganzheitlichen Betrachtung des menschlichen Körpers.

In der Humanistischen Philosophie wird der Körper nicht bloß als Objekt betrachtet, sondern als Ausdruck unserer Biografie. “We are the bodies, which lived and live the stories of our lives. My body is my text, not just some texture,” so drücken es Maier und Shibles (2010) aus. Der Begriff des Leibes verweist auf die Einheit von Körper und Geist, auf die untrennbare Verbindung zwischen unserem physischen Dasein und unserer persönlichen Geschichte.

Ein ganzheitliches Verständnis des Leibes fordert uns dazu auf, unseren Körper nicht nur als Werkzeug oder Objekt zu betrachten, sondern als Teil unseres Selbst. “Our bodies = ourselves” – in diesem simplen Gleichnis liegt eine tiefgreifende Wahrheit. Unser Körper ist Ausdruck unserer Identität, er trägt die Spuren unserer Erfahrungen und prägt maßgeblich unsere Wahrnehmung der Welt.

Eine Ethik des Leibes bedeutet daher auch, unseren Körper mit Respekt und Achtsamkeit zu behandeln. Es geht darum, sich seiner eigenen körperlichen Bedürfnisse bewusst zu werden und ihnen angemessen zu begegnen. Dazu gehört auch, sich von gesellschaftlichen Schönheitsidealen und Normen zu lösen, die oft zu Selbstverachtung und Körperfeindlichkeit führen.

Die Ethik des Leibes stellt uns vor die Herausforderung, unseren Körper nicht nur als Instrument zur Erfüllung äußerer Erwartungen zu betrachten, sondern als Quelle der Selbstbestimmung und des Wohlbefindens. Sie lädt uns ein, unseren Körper als Verbündeten auf unserem Lebensweg zu betrachten und ihn mit Fürsorge und Liebe zu behandeln.

In einer Welt, die oft von Oberflächlichkeit und Körperkult geprägt ist, erinnert uns die Ethik des Leibes daran, dass unser Körper mehr ist als nur eine äußere Hülle. Er ist der Ausdruck unserer Menschlichkeit, ein Ort der Begegnung und des Ausdrucks unserer innersten Gefühle und Bedürfnisse. Indem wir unseren Körper achtsam und respektvoll behandeln, können wir ein tieferes Verständnis für uns selbst entwickeln und ein erfüllteres Leben führen.

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