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Ist tierisches Eiweiß wirklich besser?

Kann man seinen Proteinbedarf genauso gut mit pflanzlichem Eiweiß decken – gerade als Sportler? Man kann. Tierisches Eiweiß hat aber ein paar Vorteile.

Tierisches Eiweiß gilt als überlegen
Schon seit Jahren streiten Fleischesser und Veganer darüber, welches Eiweiß besser ist: tierisches oder pflanzliches. In der Tat hat tierisches Eiweiß dazu geführt, dass das menschliche Gehirn seit 2,5 Millionen Jahren bedeutend gewachsen ist. Nur: Das schließt nicht aus, dass das nicht auch mit pflanzlichem Eiweiß geklappt hätte.
Viele Sportler setzen für Muskelwachstum auf mageres Fleisch und Milchproteinpulver. Doch mittlerweile trainieren einige Athleten – und selbst ganze Teams – auf veganer Basis. So stellt sich, abgesehen von anderen Nährstoffen, die Frage: Was genau unterscheidet die Eiweiße aus tierischen und pflanzlichen Quellen? Ist eines gesünder, für den Menschen besser geeignet – oder lässt eines die Muskeln schneller wachsen?

Darum sollten wir drüber reden:
Tatsächlich hat tierisches Eiweiß Vorteile
Tierisches Eiweiß ist dem Menschen ähnlicher, daher ist es praktischer: Fleisch, Fisch, Milch und Ei enthalten die wichtigen und essenziellen Aminosäuren (die, die der Körper nicht selbst herstellen kann), die Bausteine der Proteine – und das meist in einer gut verdaulichen Form. Das Resultat: Es wird vom Körper etwas schneller resorbiert. Wirklich messbare Auswirkungen wird der Otto Normalsportler aber nicht merken.
Wissenschaftler versuchen mit verschiedenen Indizes, die Qualität der Proteine einzustufen – über die Zusammensetzung der Aminosäuren. Diese zeigen in der Regel dieselbe Tendenz: Tierische Eiweiße weisen meist bessere Werte auf als pflanzliche Proteinquellen.

Diese Werte definieren die Proteinqualität
Ein Wert, der häufig herangezogen wird, um die Qualität von Eiweißen einzustufen, ist die biologische Wertigkeit (BW). Sie zeigt an, wie gut sich die Proteine aus Lebensmitteln später in Körpereiweiße umwandeln lassen. Ein Ei hat eine biologische Wertigkeit von 100 – ein willkürlicher Wert, an dem sich die Proteinqualität anderer Lebensmittel messen lässt. Er lässt sich nur durch die Kombination mehrerer Lebensmittel steigern. Die maximale biologische Wertigkeit etwa haben Kartoffel plus Ei: 136.

Es gibt noch fünf weitere Methoden, mit der sich die Eiweißqualität einordnen lässt, darunter der Aminosäure- oder Chemische Index (AI/CI), das Protein-Effizienz-Verhältnis (PEV), die Stickstoff-Protein-Verwertung (SPV), der Index für verdauliche unverzichtbare Aminosäuren (DIAAS) sowie der ebenfalls sehr verbreitete (Achtung, furchtbarer Name): um die Proteinverdaulichkeit korrigierter Aminosäureindex (PDCAAS). Sie alle haben ihre Stärken und Schwächen, etwa weil die Messungen bei Ratten oder Kleinkindern durchgeführt werden, die unterschiedliche Anforderungen haben, weil Letztere etwa noch wachsen.

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Aber:
Die Theorie hat mit der Praxis wenig zu tun
In tierischen und pflanzlichen Produkten sind grundsätzlich ein und dieselben Aminosäuren enthalten. Nur die Zusammensetzung und Menge unterscheidet sich von Lebensmittel zu Lebensmittel. Wir können also alle Aminosäuren, die Bausteine für Proteine und damit auch für alle wichtigen Enzyme sind, aus beiden Quellen beziehen. Sie alle werden im Magen und Darm abgebaut und gelangen auf gleichem Wege in den Blutkreislauf.
Außerdem verfügt unser Körper über die Möglichkeit, überschüssige Aminosäuren zu speichern, zu recyceln und umzuwandeln. Ein großer Teil der Aminosäuren wird im Körper einmal abgebaut und später wieder neu zusammengesetzt – egal, aus welcher Quelle sie stammen. In Mangelsituationen kann der Körper bestimmte Aminosäuren selbst synthetisieren – mit Ausnahme der essenziellen Aminosäuren. Sie gelangen nur durch die Nahrung in den Körper.

Fakt ist: Tierische Lebensmittel bieten meist ein besseres Rundum-Paket
Jedenfall, was die Proteinversorgung angeht – das lässt sich aus den verschiedenen Indizes ablesen. Auch sind in den meisten tierischen Lebensmitteln die wichtigen Aminosäuren, die Muskeln für die Adaption und Regeneration brauchen, im optimalen Verhältnis vorhanden (2:1:1 Verhältnis der essentiellen Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin). Das soll für die Regeneration der Muskeln vorteilhaft sein.

Was die Indizes aber nicht aussagen: Niemand isst nur Reis, nur Bohnen oder nur Brot. Die meisten Gerichte haben eine weitaus längere Zutatenliste. Dadurch wird im Alltag ordentlich gemixt, sodass mit einer ganzen Mahlzeit auch die vermeintlich schwächeren pflanzlichen Proteinquellen den Menschen problemlos mit allen nötigen Aminosäuren versorgen.

Die biologische Wertigkeit etwa steigt durch die Kombination von Lebensmitteln (weil sich einige Aminosäuren überlappen, addieren sich die Werte aber nicht einfach). Das beliebte Beispiel von Ei und Kartoffeln kann so eine biologische Wertigkeit von 136 erreichen, ist für viele Sportler aber wenig praxisnah. Denn die Kartoffel enthält zwar viele verschiedene Aminosäuren, die Menge an Protein beträgt aber lediglich zwei Prozent – nur ein Zehntel von dem, was etwa Bohnen liefern. Für die erforderlichen Mengen muss der Sportler also eine ziemlich große Portion verschlingen.

Und jetzt?
Pflanzliche Eiweißquellen könnten langfristig gesünder sein
Selbst diejenigen, die auf eine erhöhte Proteinzufuhr achten, etwa im Kraftsport, können mit etwas Basiswissen auf pflanzliches Eiweiß umsteigen. So kommen Forscher in Studien zu dem Ergebnis, dass Reisprotein dem Molkeprotein (Whey Protein), das häufig für Shakes genutzt wird, ebenbürtig ist. Trotzdem empfiehlt das American College of Sports Medicine das Molkeprotein als optimal für eine schnellere Regeneration von Trainingseinheiten – auch, weil der Körper es schneller aufnimmt.
Die Wahl der Proteinquelle sollte aber nicht nur danach entschieden werden, welche Proteine schneller in Muskelmasse enden. Immer mehr Studien deuten darauf hin, dass tierische Proteine mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einhergehen. Bei pflanzlichem Eiweiß ist das nicht der Fall. Woran das liegt, darüber gibt es nur Vermutungen: etwa an der Zusammensetzung der Aminosäuren oder an sekundären Pflanzenstoffen – andere Bestandteile der Pflanzen, die Zellfunktionen und den Kreislauf schützen.

Die Frage ist, was man will
Fakt ist also: Geht es rein um die Zufuhr, können tierisches und pflanzliches Protein die nötigen Aminosäuren und auch die Menge an Eiweiß liefern. Fleisch oder Milch machen es vielen Menschen allerdings einfacher – auch, weil sie häufig einen prozentual höheren Proteingehalt haben und man so grundsätzlich weniger essen muss.

Hinzu kommen eher moralische Argumente, die wiederum das pflanzliche Protein auf seiner Seite hat – wie das Töten, die Belastung durch Treibhausgase, den Wasserverbrauch und die Umweltverschmutzung etwa durch Nitrat. Diese liegen bei Fleisch weitaus höher als bei veganer Ernährung. Aber das ist eine andere Diskussion.

Klar ist jedenfalls: Eine sinnvolle Ernährung besteht nicht nur aus Protein, sondern aus allen Makronährstoffen und Spurenelementen. Es geht vor allem darum, dass man weiß, was man isst. Und am Ende sieht niemand, ob der Bizeps aus Bohneneiweiß oder aus Rinderprotein besteht.

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