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Kennen Sie Ihre Risikoklasse beim Ihrem Finanzamt?

Es begann bereits 2002, als das Handelsblatt in dem Artikel „Finanzverwaltung setzt auf Rasterfahndung“ Pläne des Fiskus für ein Risikomanagement bekannt machte. Man verspricht sich davon, leichter Steuerfälle identifizieren zu können, bei denen sich eine genauere Prüfung lohnt.

Erstmals die Steuererklärung für 2017 konnte elektronisch, also ohne zusätzliche Belege beim Finanzamt eingereicht werden. Dort, beim Finanzamt, erfolgt die Prüfung vollautomatisch.

Aber Vorsicht, der Verlockung, es nicht so genau zu nehmen, sollte man gleichwohl nicht erliegen:

Nachdem die Entwicklungsarbeiten für das verwaltungsintern „RMS Veranlagung 2.0“ genannte Projekt weit fortgeschritten sind, überprüfen und filtern die Computersysteme beim Finanzamt alle Steuererklärungen automatisch auf ihr Steuerrisiko, um sie dann personell in eine der drei folgenden Risikoklassen (RK) einzugeordnen:

RK 1: Fall mit hohem Risiko
RK 2: Fall mit mittlerem Risiko
RK 3: Fall mit geringem oder ohne Risiko

Eigentlich gibt es sogar noch eine vierte Risikoklasse, die RK BP. Hier kommen alle Fälle rein, die für eine Betriebsprüfung vorgesehen sind

Risikoklasse 1:
Wer hier mit seiner Steuererklärung landet, kann fest mit einer intensiven Prüfung rechnen inklusive Betriebsvergleichen und Datenbankabfragen (sog. maschinelle und personelle Komplettprüfung).

Dazu gehören u.a. die Zugehörigkeit zu einer gestaltungsanfälligen Branche, hohe Einkünfte und Umsätze. Gefährdet sind auch alle Erklärungen, mit vielen Einkommensarten oder Gestaltungsmöglichkeiten. Natürlich auch Steuerzahler, die in den Vorjahren schon aufgefallen waren (auch durch Selbstanzeige) oder wo es einen Auslandsbezug (!) gibt.

Risikoklasse 2:
Wer zumindest kleinere Verstöße vorzuweisen hat, wird in RK 2 einsortiert. Hier findet zwar nicht automatisch eine Komplettprüfung statt, aber man verspricht sich lohnende Prüfungspunkte zu erkennen. Dazu muss man wissen, dass damit begonnen wurde, in die Steuerformulare Kennziffern einzuarbeiten, um (widerrechtlich?) Daten zu erheben, die für die Steuererklärung gar nicht notwendig sind. Sie sollen der Finanzverwaltung die Risikoeinschätzung erleichtern.

Die Steuerberatungskanzlei bdp, Hamburg, kommentiert dies folgendermaßen:
“Daten in diesem Sinne können auch solche sein, die in keinem Steuergesetz zur Angabe gefordert werden, welche die Finanzverwaltung aber dennoch erhebt. Zum Beispiel die Angabe der Einheitswertaktenzeichen in Zeile 6 der Anlage V zur Einkommensteuer oder einige Angaben in der Anlage EÜR zur Einkommensteuererklärung. Hier sind Angaben zu machen, die schon jetzt der Vorbereitung und Verfeinerung des Datenpools der Finanzverwaltung dienen. Das dürfte sich in der Zukunft auch vor dem Hintergrund der elektronisch einzureichenden Bilanzen und Steuererklärungen noch erheblich ausweiten.”

Risikoklasse 3:
Sie ist die Einstufung für alle risikoarmen oder risikolosen Fälle, vorausgesetzt, in der Bilanz oder der formlosen EÜR sind keine Fragen aufgetaucht. Da keine Zweifel an der Zuverlässigkeit des Steuerpflichtigen bestehen, wird nicht personell geprüft, sondern der Fall wird automatisch freigegeben, durchgewunken sozusagen.

Allerdings ist immer ein sogenannter Mindestfilter installiert, der automatisch Alarm schlägt, wenn ein neues Risiko hingekommen ist.

Die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Steuerpflichtigen haben jedoch ein Ablaufdatum: Nach 4 Jahren ist der Fall automatisch wieder Risikoklasse 2 und es wird eine sog. Turnusprüfung angesetzt.

Risikoklasse BP:
BP steht für Betriebsprüfung. Die Entscheidung, ob eine solche durchgeführt wird, liegt nicht bei der Veranlagungsstelle, sondern immer bei der Betriebsprüfungsstelle. Hat sie sich dafür entschieder wird die Risikoklasse in RK BP umgeschrieben. Dieser Vorgang kann manuell nicht rückgängig gemacht werden.

Übrigens…
Auch wenn man noch so ehrlich erklärt hat und pünktlich seine Steuern bezahlt hat, kann man trotzdem geprüft werden. Denn:
2 % aller Steuererklärungen sollen per Zufallsauswahl doch geprüft werden, unabhängig von der konkreten Einteilung in Risikoklassen. Der deutsche Fiskus ist immanent misstrauisch.

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