⚔️ Gedanken am 27. April
Baha’u’llah und das Gebet der Achtsamkeit: Die Heiligkeit des Augenblicks
Baha’u’llah, der Begründer der Bahai-Religion, offenbarte eine tiefe Wahrheit über das Wesen des Gebets: Es ist nicht allein die fromme Andacht, nicht nur das gesprochene Wort oder der erhobene Blick zum Himmel, sondern vielmehr die gelebte Gegenwart in jedem Moment. Selbst ein Gebet kann – wenn es nur aus Selbstverherrlichung geschieht – seinen eigentlichen Sinn verlieren.
Eine Begebenheit aus seinem Leben illustriert dies auf eindrucksvolle Weise:
Eine Frau lud Baha’u’llah zu einem Abendessen ein und bereitete mit großer Hingabe ein erlesenes Mahl. In ihrem innigen Wunsch, ihn zufrieden zu stellen, versank sie in inbrünstiges Gebet um den Erfolg ihrer Bemühungen – doch währenddessen ließ sie das Essen anbrennen. Baha’u’llah lachte herzlich und sprach:
„Wenn man kocht, besteht die angemessenste Form von Gebet darin, ganz bei der Sache zu sein.“
Diese Worte sind ein zeitloser Schlüssel: Wahres Gebet ist Achtsamkeit, das vollständige Dasein in dem, was wir gerade tun. Es ist das heilige Verschmelzen von Körper, Geist und Seele mit dem jeweiligen Augenblick.
Templerarbeit: Achtsamkeit als gelebtes Gebet
Der Pfad des Templers ist nicht nur ein Weg des Rituals, sondern vor allem ein Weg der tiefen Gegenwärtigkeit. Jede Handlung – sei sie noch so einfach – kann zum Gebet werden, wenn sie mit voller Bewusstheit geschieht.
Betrachte jede Handlung als ein Gebet.
Wenn du isst, dann iss. Versuche, eine Mahlzeit in vollkommener Stille einzunehmen. Keine Worte, keine Musik, keine Ablenkung. Nur du und das Mahl – der Geschmack, der Duft, die Bewegung der Hände. Jeder Bissen wird so zur heiligen Handlung, ein stilles Dankgebet an das Leben.
Wenn du gehst, dann gehe. Spüre den Boden unter deinen Füßen, die Luft auf deiner Haut, das Spiel des Lichts. Atme und verankere deine Aufmerksamkeit, wie in der Shamatha-Vipassana-Meditation: Ein Teil deines Geistes ruht in der Atmung, der andere öffnet sich den sinnlichen Eindrücken der Gegenwart.
Das angemessene Gebet: Die Rückkehr zur Achtsamkeit
Unser Geist neigt dazu, abzuschweifen – in Erinnerungen, Pläne, Sorgen. Doch jedes Mal, wenn du dies bemerkst, ist es eine Einladung: Lass die Gedanken ziehen wie Wolken und kehre zurück – zu dem, was jetzt ist. Zur Tätigkeit, zur Atmung, zum angemessenen Gebet des Augenblicks.
Wahrer Dienst an Gott geschieht nicht in der Abkehr von der Welt, sondern im wachen Dasein in der Welt. Jede Tätigkeit, ob klein oder groß, kann zum Gefäß werden, durch das das Licht des Göttlichen in die Welt fließt.
„Wenn du kochst, koche.“
Diese schlichte Weisheit Baha’u’llahs ruft uns, den heiligen Raum des Alltags neu zu entdecken. Nicht in fernen Sphären, sondern hier und jetzt beginnt der Pfad des Erwachens – in der Einfachheit des Seins.