Kreuzfahrerstaaten in Palästina
Im Heiligen Land, genauer gesagt im neu gegründeten Königreich Jerusalem, nahm der Orden der Templer zu Beginn des 12. Jahrhunderts seine noch bescheidenen Anfänge. Das Hauptquartier des gesamten Ordens befand sich zunächst in Jerusalem, wo es bis zum Verlust der Stadt an Sultan Saladin 1187 verblieb. Anschliessend wurde die Zentrale des Ordens nach Akkon verlegt, nach dem Fall dieser Stadt für einige Jahre bis zum Ende des Ordens nach Zypern.
Im Bereich der Kreuzfahrerstaaten befanden sich insgesamt sechs Ordensprovinzen: neben Zypern, Antiochia und Armenien noch die Grafschaft Tripolis und das Königreich Jerusalem. Die Stadt Jerusalem als Zentrum des Ordens und wichtigster Punkt der Christenheit dieser Epoche war quasi eine eigene Provinz, die dem Komtur von Jerusalem unterstand. Abgesehen von befestigten Arealen innerhalb der großen Städte, wie Akkon oder Tortosa, besaßen die Templer auch einige Burgen auf dem freien Land, die dem Schutz von Pilger- und Handesrouten dienten (wie zum Beispiel Chastellet und Castrum Dumi in der Nähe des Jordans, oder Toron de Chevaliers an der Straße von Jerusalem nach Jericho oder Safed in Galiläa, oder das Château de Pelerin, Cafarlet, Le Destroit an der Küste) und der Grenzsicherung und Zollerhebung (zum Beispiel im damaligen Fürstentum Antiochia: Gaston, Roche Guillaume, Roche de Roissel und Darbsak, sowie Chastel Blanc im heutigen Syrien). Bau und Unterhalt der Burgen inklusive Verpflegung und Ausrüstung ihrer Besatzung (von der nur ein kleiner Teil Ritter des Ordens war) und Pferde verschlang große Summen.
Ungefähr 300 Ritter gab es im Königreich Jerusalem zur Hochzeit des Ordens; hinzu kamen die Servienten, Turkopolen und weitere Hilfstruppen, so dass Forscher das Templerheer auf einige tausend Mann schätzen. Die Verluste in den großen Schlachten waren hoch und betrafen nicht selten 80 bis 90 Prozent der Ritterbrüder. 1187 fielen laut zeitgenössischer Angaben 290 Templer in den beiden Schlachten von Cresson und Hattin; 1244 überlebten nur 33 von 300 Brüdern, 1250 fielen 280 Templer in Mansurah – wobei diese Zahlen wohl nicht nur Ritterbrüder umfassten, sondern auch die ebenfalls im Kampfeinsatz befindlichen bewaffneten Servienten. Unter diesen Bedingungen waren „auf Zeit dienende“ weltliche Ritter sehr willkommen. Einzelne Männer entschlossen sich aus Dankbarkeit infolge eines Gelübdes (zum Beispiel nach überstandener Krankheit) für eine bestimmte Zeit dem Orden an. Andere mussten diesen Schritt als Bußleistung infolge einer Kirchenstrafe tun. 1170 wurde der englische König Henry II. von seiner Involvierung in den Mord am Erzbischof von Canterbury Thomas Becket nur freigesprochen, weil er 200 Ritter bezahlte, die für ein Jahr bei den Templern im Heiligen Land kämpfen sollten. Die Mörder des Erzbischofs selbst bekamen zur Buße auferlegt, 14 Jahre bei den Templern zu kämpfen.
Die Templer waren (wie auch die übrigen Ritterorden) durch ihre straffe Disziplin und ihr ausgezeichnetes Training während der gesamten Lebensdauer der Kreuzfahrerstaaten eine entscheidende militärische Macht. Besonders der unbedingte Zusammenhalt ihrer militärischen Kontingente war oft entscheidend: ohne Erlaubnis des jeweiligen Kommandanten durfte kein Ritter die Marsch- oder Schlachtordnung verlassen. Bei weltlichen Heeren hingegen stellte diesbezügliche mangelnde Hierarchie, Disziplin und persönlicher Geltungsdrang oft ein Problem dar, das eine Niederlage herbeiführen konnte.
Nach der Schlacht von Hattin befahl Saladin die Hinrichtung aller Templer mit Ausnahme des Ordensmeisters. Das zeitgenössische „Itinerarium peregrinorum et gesta regis Richardi“ beschreibt das Geschehen vom Standpunkt der Templer aus (anders als etwa die berühmtere Geschichte Wilhelms von Tyrus) und stellt den Tod der Ordensbrüder als Martyrium dar. Ein wunderbares himmlisches Licht habe drei Tage über den Toten geleuchtet.